Die Medien haben es
geschafft, dass die Arbeitgeber nun kein sinnvolles Angebot an die
Gewerkschaften richten mussten und trotzdem versöhnlich wirken
können. Die vielen fehlenden Berichte oder die (bewusste?)
Polarisierung auf einen Kitastreik zeichnet sich auch in dem
offiziellen Angebot der Arbeitgeber wieder. Wie ein Großteil der
großen Medien wird zwar vom Streik im Sozial- und Erziehungsdienst
gesprochen, allerdings werden nur ErzieherInnen und
KinderpflegerInnen aus Kindertageseinrichtungen speziell genannt und
im Angebot berücksichtigt.
Dass die Arbeitgeber
damit weit an der Wirklichkeit des Streiks und den eigentlichen
Forderungen vorbeigehen, liegt auf der Hand. Weder die
KindheitspädagogInnen mit ihrer 7 – 8jährigen
Professionalisierung und akademischen Abschluss, die endlich in den
TvÖD aufgenommen werden wollen, werden berücksichtigt, noch
SozialarbeiterInnen, SozialpädagogInnen, HeilerziehungspflegerInnen
und andere Beschäftigte im Sozial –und Erziehungsdienst.
Die Verkürzung des
Streiks durch die öffentlichen Medien untermauert diese Farce, da
fast ausschließlich vom „Kitastreik“ berichtet wird.
Herr Dr. Böhle
sagt:
„Aus
unserer Sicht kommt es nicht darauf an, ob das VKA-Papier ein
Vorschlag oder
ein
formales Angebot ist.“
Leider tut es das
doch. Es wurde ausdrücklich von VKA Seite beton, dass es sich bei
dem Vorschlag vom 21. April NICHT um ein Angebot und damit auch NICHT
um eine Verhandlungsgrundlage handelt. Verhandlungen ohne eine
Grundlage sind nutzlose Verhandlungen um nichts. Die Vorschläge der
Gewerkschaften wurden auch immer nur abgewiesen ohne konstruktive
Gegenvorschläge zu bringen.
Der VKA versucht
sich nun mit Hilfe der Medien in ein positives Licht zu rücken, als
wären sie schon die ganze Zeit zu Gesprächen bereit gewesen. Das
stimmt so leider nicht und das Verhalten und Auftreten (oder eben
nicht Auftreten) des VKA bestätigt mich in dieser Meinung.
Die VKA spricht in
ihrem offiziellen Vorschlag von „zum Teil deutliche Zugewinne:
Erzieher/innen um bis zu 443 Euro monatlich, Für Kinderpfleger/innen
um bis zu 201 Euro und für Kita-Leitungen um bis zu 448 Euro.“
Bei dieser Aussage
hat sich der VKA besonders auf die zwei Wörter „zum Teil“
gestützt. Als Beispiel bei den ErzieherInnen. Die Lohnsteigerung der
genannten 443 Euro bezieht sich auf KollegInnen, die schon mindestens
17 Jahre im selben Betrieb arbeiten (denn wer den Betrieb aus
privaten, persönlichen oder betrieblichen Gründen wechselt, bekommt
teils maximal 3 Berufsjahre angerechnet) und hoffen müssen, dass sie
tatsächlich in die neue S8 Regelung fallen und nicht nur in S7. Bei
den KinderpflegerInnen schaut es genau so aus.
Für ErzieherInnen,
die zwischen 4 und 8 Jahren im selben Betrieb arbeiten erhalten nur
eine Steigerung von 111,49 Euro (Brutto wohlgemerkt). Bei einem
Kinderpfleger/ einer Kinderpflegerin, der/die zwischen 4 und 8 Jahren
im selben Betrieb arbeitet liegt die Lohnsteigerung bei 144,94 Euro
(Brutto).
Es sei bitte auch
erwähnt, dass ein/e ErzieherIn, der in der Stufe 4 (ab 8 Jahren im
selben Betrieb) von dieser Lohnerhöhung profitiert, mit der nächsten
Steigerung in der Tariftabelle aber vier Jahre länger warten muss.
Der Aufstieg in Stufe 6 verzögert sich für diese/n KollegIn sogar
um insgesamt 9 Jahre (im Vergleich mit S6).
Die VKA schreibt
weiter von der „Öffnung der Entgeltgruppe S 7 für
Erzieherinnen und Erzieher, denen schwierige fachliche Tätigkeit in
einem pädagogischen Spezialgebiet übertragen sind“.
Dies ist die
Einbindung einer neuen Leistungsorientierung im sozialen Berufsfeld
und keine echte Aufwertung. Nöte und Schwierigkeiten der Arbeit mit
Kindern werden hier nicht berücksichtigt. Es geht um eine
spezialisierte Mehrleistung, die von einem Erzieher/ einer Erzieherin
erbracht werden muss und der/die diese spezielle Tätigkeit auch
sinnvoll in seiner Einrichtung einbringen können muss um diese
minimale Lohnerhöhung zu erhalten. Außerdem wird damit eine
Konkurrenz zu bereits vorhandenen spezialisierten Fachkräften
geschaffen, die z.B. extra für Sprachförderung angestellt sind.
Einer Aufwertung entspricht das nicht, sondern eher dem Motto:
„Leiste viel mehr um ein wenig vom Kuchen zu erhalten.“
Bei den Leitungen
scheint es dagegen tatsächlich eine wirkliche Verbesserung in Sachen
Gerechtigkeit zu geben, auch wenn ich dies nicht genau beurteilen
kann. Das außer der endlich gerechteren Anerkennung der
Personalverantwortung eine echte Erhöhung für Leitungen geplant
ist, kann ich aus dem Angebot der VKA nicht herauslesen.
Es bleibt für die
angepriesenen Erhöhungen ein vernichtendes Fazit. Nur Mancher wird
an der „großen“ Erhöhung wirklich beteiligt und nur sehr wenige
werden tatsächlich eine Veränderung spüren. KinderpflegerInnen in
München sind übrigens komplett ausgeschlossen, da sie alle schon
nach S4 bezahlt werden. Angesichts der hohen Lebenshaltungskosten für
mich eine Selbstverständlichkeit, aber für sie ist nichts drin im
tollen Topf der VKA.
Die große
Dreistigkeit des vermeintlichen Angebots liegt aber in der Ignoranz
der meisten Berufsgruppen im Sozial- und Erziehungsdienst.
KindheitspädagogInnen wird die Einordnung in den TvÖD verwehrt,
obwohl sie studiert haben und nach ihrer 7- 8jährigen
Professionalisierung im Feld des Sozial- und Erziehungsdienstes
arbeiten.
SozialpädagogInnen
und SozialarbeiterInnen, Menschen die sich massiv für den sozialen
Frieden vor allem in Großstädten einsetzen werden ausgegrenzt. Ihre
Arbeit und ihre Leistungen für die Gesellschaft werden vom VKA nicht
anerkannt.
HeilerziehungspflegerInnen,
welche unter schweren Bedingungen mit Menschen arbeiten, die in
unserer angeblich toleranten Gesellschaft immer noch keinen
inklusiven Stellenwert haben und auf externe Einrichtungen
abgeschoben werden, erfahren keine Würdigung.
Ich entschuldige
mich für Berufsgruppen, die sich hier vielleicht noch vergessen
fühlen.
Dr. Böhle wird in
seiner Scheinheiligkeit von den Medien unterstützt und gestärkt.
Erst wenn in den Köpfen der Leute ankommt, dass dies kein
Erzieherstreik ist können wir über ernsthafte Angebote verhandeln.
Der Sozial- und Erziehungsdienst ist solidarisch und steht zusammen.
Herr Dr. Böhle, Sie werden die Streikenden nicht teilen können in
dem Sie versuchen, einen Teil mit mageren Brocken zu befrieden. Wir
kämpfen zusammen, bis eine annehmbare Verbesserung für ALLE
Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst zustande kommt.
Und eine Bitte an
die Medien: Hören Sie auf, Dr. Böhle in die Hände zu spielen und
von neutraler Berichterstattung zu sprechen. Hören Sie endlich auf,
diesen Streik in der öffentlichen Wahrnehmung zu verkürzen und auf
ein einziges Berufsfeld zu schröpfen. Kommen Sie Ihrer Pflicht der
umfassenden und ausgewogenen Berichterstattung endlich nach und
berichten Sie neutral über den ganzen Streik im Sozial- und
Erziehungsdienst und nicht nur über die ErzieherInnen.